Umbau einer Canon EOS 350d zur voll astrotauglichen Kamera

 

Seit längerem steht mir die Canon EOS 350d für Astroaufnahmen zur Verfügung. Dank ihres großen CMOS Chips , der Auflösung von 8 Mio. Pixeln und der eingebauten Bulb ( Langzeitbelichtung ) Funktion sind nun phantastische Aufnahmen möglich. Leider ist in der Kamera Canon EOS 350 D ein Filter verbaut der die wichtige H-alpha (Wasserstoff) Linie größtenteils blockiert . Gerade in Sternentstehungsgebieten leuchtet aber dieser Wasserstoffanteil sehr stark , so daß man entweder sehr lange Belichtungszeiten in Kauf nehmen muß oder den Originalfilter der Kamera gegen einen ACF Filter tauschen kann. Dieser läßt dann die Empfindlichkeit der Wasserstofflinien um ein vielfaches steigern. Leider geht durch den Rotstich der Aufnahmen ein Teil der Alltagstauglichkeit verloren , aber mit entsprechender Software kann man dieses wieder ausgleichen. Auch mit dem manuellen Weißabgleich der Kamera kann dieser Nachteil wieder ausgeglichen werden. Den Filter kann man in speziell ausgerüsteten Firmen wechseln lassen. Die Wartezeit ist aber sehr lang . Dank meines Astrofreundes Henning Noeldge aus Hamburg konnten wir das Projekt des Filterwechselns selber in Angriff nehmen. Dabei mußte die ganze Kamera zerlegt werden. Die Werksgarantie der Kamera geht dabei verloren. Den Umbau der Kamera zur voll astrotauglichen Kamera möchten wir auf dieser Seite kurz dokumentieren. Ich weise hiermit darauf hin daß diese Seite auschließlich der Dokumentation dient. Für eventuelle Schäden an Kameras übernehme ich keine Haftung. Zum Vergrößern bitte auf die Bilder klicken. Bei Fragen bitte Mail an : henning@noeldge.de

Zunächst aber eine Liste mit Dingen, die wir benötigt haben:

Zeit und Geduld in ausreichender Menge, Saubere und möglichst fusselfreie Unterlage (möglichst hell um kleine Schräubchen wiederzufinden), ESD-Ablage oder Karton für die ausgebauten elektronischen Komponenten, Pinzette oder ähnliches kleines Greifwerkzeug, Kleiner Kreuzschlitzschraubendreher, Zahnstocher, Lötkolben mit feiner Spitz, Lötzinn und Entlötlitze, Seitenschneider und Skalpell/Papiermesser, Klebeband oder weißes Papier mit Schreiber um Schrauben sicher ablegen zu können und evtl. Notizen zu machen,Wattestäbchen und 100%igen Isopropylalkohol/Isopropanol, Baumwollhandschuhe oder Chirurgenhandschuhe

Hier nun die umzubauende Canon 350D. Zunächst sollten sich alle beteiligten Personen mittels ESD-Kabel eine dauerhafte Erdung verschaffen. Dann kann angefangen werden.Zunächst müssen zehn kleine Schräubchen entfernt werden. Davon befinden sich fünf an der Unterseite, zwei auf der linken Seite (ober- und unterhalb von VideoOut/USB/...) und drei auf der rechten Seite im CF-Schaft bei dem Klappengelenk.Bitte darauf achten, wo welche Schrauben entfernt wurden und diese entsprechend aufbewahren.

Wenn die Schräubchen entfernt sind, kommt die erste kleinere Hürde. Das hintere Gehäuseteil muss abgenommen werden. Wir haben es geschafft, indem wir das hintere Teil an den Seiten oben links und rechts zunächst mit einem kleinen flachen Schraubendreher abgehebelt haben und dann die auf dem Bild zusehende Halterung mittels dem Schraubendreher leicht nach unten gedrückt haben. Dadurch schnappt die "Nase" aus der Halterung und das hintere Teil lässt sich abnehmen.

An dieser Stelle wird von anderen Umbauern gewarnt, dass eines der Flachbandkabel an der Kameraplatine mittel Klebeband gesichert sei. Dies war bei unserer nicht der Fall. Im nächsten Arbeitsschritt wird nun die linke Verkleidung entfernt. Bei uns viel sie quasi von alleine ab (ich hatte die Kamera leicht schräge nach unten gehalten). Wenn dies nicht der Fall sein sollte, dann das linke Teilstück leicht nach links abwinkeln und dann nach oben schieben. Dieses Stück ist nur durch die obere linke Trageriemenhalterung gesichert.

Nun können die beiden unteren Flachbandkabel vorsichtig gelöst werden. Dazu mit einem kleinen flachen Schraubendreher/Zahnstocher unter die Klappe - etwa in der Mitte - fahren und sie nach oben drücken. Die Kabel können anschließend rausgezogen werden.
Das hintere Teil nun außerhalb des Arbeitsbereiches lagern, so dass es nicht versehentlich runterfallen kann.

Jetzt kommt der Lötkolben und die Entlötlitze zum Einsatz, denn die mittlere Abdeckplatte muss entfernt werden, um an die darunter gelegenen Flachbandkabel zu kommen.Wir haben uns einfach von oben nach unten "durchgelötet" und konnten abschließend das Blech einfach entfernen.Zum Entlöten sei noch folgendes erwähnt: Bitte nicht minutenlang auf dem Blech oder gar der Platine "rumbrutzeln"! Dies könnte nebenliegende Leiterbahnen und elektronische Komponenten beschädigen und abgesehen davon verunstaltet es die Kamera. Des Weiteren haben wir uns für Entlötlitze entschieden, weil diese das Lot einfacher und rückstandsfrei (mit etwas Übung) entfernt. Eine Entlötpumpe arbeitet hingegen mit Vakuum und erzeugt beim Auslösen der Pumpe eine Bewegung die eventuell elektronische Komponenten beschädigen könnte.

Auf dem Bild ist die Abdeckung bereits entfernt und die Lötstellen sind noch einmal gekennzeichnet.

In diesem Arbeitsschritt werden alle Verbindungen zum Board gelöst. Insgesamt werden zehn Flachbandkabelverbindungen und eine Steckerverbindung gelöst.Wie die Flachbandkabel zu lösen sind, wurde ja bereits weiter oben erklärt. Allerdings sind nicht alle Verschlüsse gleich geartet. Wenn aber langsam und bedacht vorgegangen wird und keine spitzen/scharfen Gegenstände (wie Messer etc.) zum Einsatz kommen, sollten die Kabel auch keinen Schaden von dieser Prozedur nehmen.Der Kabelanschluss auf der rechten Seite ist "tricky" zu lösen. Nicht einfach ziehen oder zerren!

Diese Kabelverbindung wird folgendermaßen gelöst: zunächst mit einem sehr kleinen flachen Schraubendreher mittig unter den Stecker fahren (1-2mm) und dann den Stecker mit dem Schraubendreher nach oben drücken. Dann löst sich die Steckverbindung ganz leicht.Beim wieder Zusammenbauen muss der Stecker einfach wieder nur von oben in die Steckverbindung gedrückt werden.

Um die Platine letztlich entfernen zu können, müssen fünf Schraube gelöst werden. Vier Schrauben sitzen in den jeweiligen Ecken der Platine und eine ist unter dem Gehäuse links. Wie rechts zu sehen ist, ist sie allerdings nicht ohne weiteres zugänglich.Wir haben uns nicht für die "Lötkolben-Methode" entschieden, sondern an Stelle dessen mit einem Elektronik-Seitenschneider das Gehäuse links und rechts von der Schraube eingeschnitten und den Rest mit einer Flachzange rausgebrochen. Dies geht besonders gut, wenn vorher mit einem Skalpell das Gehäuse leicht eingeritzt wurde. Das Aussehen ist nicht relevant - da diese Stelle nach dem Zusammenbau wieder von der Gummikappe überdeckt wird.

Jetzt kann die Platine abgenommen werden und außer Reichweite verstaut werden. Aber ACHTUNG: an der Unterseite ist noch eine letzte Kabelverbindung. Diese bitte nur vorsichtig abziehen.Auf diesem Bild ist nun auch die versteckte Flachbandkabelverbindung zu erkennen. Diese Verbindung hat uns beim wieder Zusammenbauen nicht nur viel Zeit gekostet (kurzes Flachbandkabel, was sich nur widerwillig unseren Willen beugte), sondern uns auch an den Rand der Verzweiflung gebracht. Dazu aber weiter unten mehr.

Nun kommt der Ausbau des CCD-Chips der Canon. Hierzu sind nur fünf Schräubchen zu lösen und schon kann das Objekt der Begierde hoch genommen werden.Falls bis hierhin nicht sonderlich auf eine staubfreie Umgebung geachtet wurde, sollte es ab dieser Stelle unbedingt getan werden, damit kein Staub auf den CCD-Chip kommt.

Rechts oberhalb des CCD-Chip-Trays sind zwei Schräubchen zu erkennen. Zu lösen ist nur die Linke um den Tray abheben zu können.

Auf dem rechten Bild ist der Kamera-Body ohne Chip zu sehen. Die eingekreisten Halterungen sind wichtig zur Wiedermontage des Chips und hatten bei uns leider die Eigenschaft, sich gerne zu verflüchtigen. Also aufgepasst !!!!!!!!!!!

Hier liegt der ausgebaute CCD-Chip mit Tray. Um nun den Filter ausbauen zu können, sind die vier Schrauben in folgender Reihenfolge zu entfernen: erst oben und unten, dann links und rechts.Falls bis hierhin nicht sonderlich auf eine staubfreie Umgebung geachtet wurde, sollte es ab dieser Stelle unbedingt getan werden, damit kein Staub auf den CCD-Chip bzw. zwischen die Glasscheiben kommt.

Der Filterhalter ist mit dem CCD-Chip mit etwas Silikon oben und unten verbunden. Lösen lässt er sich sehr leicht, in dem vorsichtig mit einem Skalpell oben und unten zwischen CCD-Chip und Filterhalter entlang gefahren wird.

Auf dem nächsten Bild sind noch die Reste des Silikons zu erkennen. Diese können aber gerne auch dort bleiben, da sie nicht in die Bildebene rein reichen.

Auf der Vorderseite ist zur Fixierung des Filters oder auch zu dessen Schutz (???) ein schwarzer Rahmen aufgeklebt. Auch dieser lässt sich schnell und einfach mit einem Skalpell (siehe Bild) entfernen. Bitte aber darauf achten, dass dieser nicht verknickt oder beschädigt wird, da er für den richtigen Abstand zwischen Kamera-Body und CCD-Chip sorgt.

Der Filter kann nun auch mit einem Skalpell entfernt werden. Dafür einfach einmal um den Filter herum schneiden und dann hoch klappen. Dieses Prozedere lieber einmal zu viel machen, da der CCD-Halter nicht sonderlich stabil ist und leicht bricht.Wir haben das restliche Silikon nicht entfernt, um einen halbwegs passenden Rahmen für den neuen Filter zu haben. An dieser Stelle haben wir allerdings feststellen müssen, dass der neue Filter nicht die gleichen Ausmaße hat, wie der original Filter. Schon schade bei dem Preis... So haben wir ihn nur in den Ausschnitt reingelegt und mit etwas Kleber fixiert. Dies muss nicht rundherum geschehen, da der Filter eh durch Druck von vorne und hinten fixiert wird.

Hier die beiden Filter im Vergleich. Links der Original und rechts der Baader-Filter.

Zusammenbau

Nun müssen "nur noch" alle Komponenten in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammen gesetzt werden. Dies gestaltet sich bis zum Einschieben und Fixieren der Flachbandkabel recht einfach. Hilfreich ist es hierbei insbesondere, wenn die Schräubchen separat für jeden Arbeitsschritt gelagert wurden. Als gutes Hilfsmittel hat sich ein breiter Streifen doppelseitigen Klebebandes gezeigt, da auf dem die Schräubchen leicht kleben und durch unvorsichtige Bewegungen nicht unauffindbar auf dem Boden landen.Noch ein kleiner Hinweis zum Flachbandkabel, welches anfangs von einem anderen verdeckt wurde. Dieses ist recht schwierig wieder zu fixieren, da das Kabel recht knapp bemessen ist und durch die "Biegung" immer wieder gerne aus der Halterung raus springt. Hier ist viel Geduld von nöten.

Ein letzter Hinweis

Wie wir feststellen mussten, funktioniert die Kamera erst wieder, wenn sie vollständig zusammen gebaut wurde. Allein diese Aktion - "Mist funktioniert nicht - alles wieder von Vorne..." hat uns diverse graue Haare beschert. Aber letztlich hat es doch alles funktioniert und falls wir noch einmal eine Kamera umbauen sollten, dann wissen wir, worauf wir achten müssen und dann sollten es auch keine Probleme geben. Die folgenden Bilder zeigen einen Vergleich zwischen den beiden Filtern

 

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